Das Wetter änderte sich plötzlich und die Temperatur stieg auf bis zu dreißig Grad.
Auf dem Schulhof liefen die Kinder in T-Shirts und Shorts herum.

Sophia, die Schulkrankenschwester, stand im Flur und führte eine routinemäßige Untersuchung durch.
Heute fiel ihr sofort ein Schüler auf.
Er trug lange dunkle Hosen, eine dicke Jacke und… eine gestrickte Wintermütze.
Genau die, die er den ganzen Winter getragen hatte.
Die gleiche Form, die gleichen Fusseln an den Fäden.
Die Mütze war bis zu den Augenbrauen heruntergezogen.
Sophia runzelte die Stirn.
„Hallo, mein Lieber“, sagte sie sanft, als er das Zimmer betrat.
„Es ist doch warm… vielleicht ziehst du die Mütze aus?“
Der Junge wich zurück.
Er hielt die Mütze mit beiden Händen fest, als hätte er Angst, dass man sie ihm gewaltsam wegnehmen würde.
„Nein, danke“, murmelte er.
„Ich… ich muss sie tragen.“
Sophia bestand nicht darauf.
Sie führte die Untersuchung schweigend durch, aber innerlich wuchs ihre Sorge.
Der Junge war angespannt und zuckte jedes Mal zusammen, wenn die Mütze sich auch nur einen Millimeter verschob.
Als würde sich etwas Schreckliches darunter verbergen.
Als die Krankenschwester die Mütze schließlich abnahm, war sie einfach entsetzt über das, was sie sah.
Später, beim Mittagessen, sprach sie mit seiner Klassenlehrerin.
„Ich mache mir auch Sorgen.
Er trägt diese Mütze jeden Tag, seit den Frühjahrsferien.
Davor nie.
Im Sportunterricht hatte er einen Anfall, als der Trainer ihn bat, die Mütze abzunehmen.
Wir beschlossen, ihn nicht weiter darauf anzusprechen.“
Sophia nickte.
Das ließ ihr keine Ruhe.
Abends rief sie die Nummer an, die in der Krankenakte angegeben war.
„Guten Abend.
Hier spricht die Schulkrankenschwester Ihres Sohnes.“
„Er ist nicht krank“, unterbrach eine Männerstimme.
„Wir sind nicht die Leute, die wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt rennen.“
„Ich habe bemerkt, dass er die Wintermütze trotz der Hitze immer noch trägt.
Vielleicht hat er eine erhöhte Empfindlichkeit der Kopfhaut?
Oder einen anderen Zustand?“
Eine lange Pause entstand.
Dann:
„Das ist eine familiäre Entscheidung.
Das geht Sie nichts an.
Er weiß, dass er sie tragen muss.“
„Ich habe auch einen Fleck auf der Mütze gesehen.
Er sieht aus wie Blut.
Gab es Verletzungen?“
„Kleine Kratzer.
Wir kommen selbst klar.
Ohne Ihre Hilfe.
Bitte rufen Sie nicht wieder an.“
Eine Woche später stürmte die Klassenlehrerin in die Krankenstation.
Mit Besorgnis im Gesicht.
„Er hat schreckliche Kopfschmerzen“, flüsterte sie.
„Er hält sich den Kopf, schwankt und spricht kaum.“
Der Junge saß auf der Liege, blickte zu Boden, die Hände an den Kopf gedrückt.
„Mein Lieber, hör zu“, kniete Sophia vor ihm nieder.
„Ich muss nachsehen.
Wir schließen die Tür, niemand wird es sehen.“
Er antwortete nicht.
Er zitterte nur.
Dann flüsterte er:
„Papa hat verboten, die Mütze abzunehmen.
Er wird wütend.
Und mein Bruder hat gesagt… wenn jemand es erfährt, werden sie mich wegbringen.
Das wird wegen mir sein.“
Sophia seufzte schwer und zog Handschuhe an.
„Du bist an nichts schuld.
Lass mich dir bitte helfen.“
Er schloss die Augen und nickte still.
Als sie vorsichtig an der Mütze zog, schrie der Junge auf.
„Sie klebt fest… tut weh…“
Lösung, Verbände, Antiseptikum.
Sophia arbeitete langsam und äußerst vorsichtig.
Die Mütze ließ sich nur schwer lösen, als wäre sie mit dem Kopf verwachsen.
Als sie sie schließlich abnahm, erstarrten beide Frauen.
Unter der Mütze war kein Haar.
Nur Verbrennungen.
Dutzende.
Tief, rund, eiternd.
Einige frisch, einige verheilt.
Spuren von Zigaretten.
Aufgerissene, zusammengeklebte, entzündete Haut.
„Mein Gott…“ hauchten sie und hielten sich die Hand vor den Mund.
Der Junge saß still, die Augen geschlossen.
„Papa sagte, ich habe mich schlecht benommen“, flüsterte er.
„Und mein Bruder hat die Mütze gekauft, damit es niemand bemerkt…
Er sagte, es würde vergehen…“
Noch am selben Abend holte die Polizei den Vater ab.
Mediziner untersuchten den Jungen im Krankenhaus.
Er wurde an einen sicheren Ort gebracht.






