Olga stand in der Küche ihrer neuen Wohnung und betrachtete alte Fotos.
Sieben Jahre Ehe passten in ein kleines Album.
Hier war ihre Hochzeit mit Nicolae – glücklich, jung, voller Hoffnung.
Und hier war ihr erster gemeinsamer Urlaub, bei dem sie sich zum ersten Mal gestritten hatten, weil Zinaida Ivanovna darauf bestanden hatte, mitzukommen.
Olga erinnerte sich an diesen Tag, als wäre es gestern gewesen.
Nicolae hatte sich lange entschuldigt und erklärt, dass seine Mutter besorgt sei und sich einsam fühle.
Natürlich hatte Olga ihm verziehen – aus Jugend und Naivität glaubte sie, dass sich mit der Zeit alles lösen würde.
Aber die Zeit zeigte das Gegenteil.
Zinaida Ivanovna tauchte fast täglich in ihrem Haus auf.
Sie kam unangemeldet, öffnete die Tür mit ihrem Schlüssel, den Nicolae ihr „für alle Fälle“ gegeben hatte.
Die Schwiegermutter fand immer etwas zu meckern: mal schmeckte das Essen nicht, mal war Staub in der Wohnung, mal kam Olga zu spät von der Arbeit.
„Nicolae, schau dir die Uhr an und deine Frau kommt gerade erst von der Arbeit,“ war die unzufriedene Stimme von Zinaida Ivanovna aus der Küche zu hören.
„Früher haben Frauen es geschafft, sowohl zu arbeiten als auch sich um die Familie zu kümmern.“
Nicolae schwieg meistens oder wechselte das Thema.
Olga jedoch biss die Zähne zusammen und ertrug es.
Schon als Kind war sie es gewohnt, allein klarzukommen.
Ihre Großmutter, Gott hab sie selig, sagte immer: „Oli, das Wichtigste ist, eine eigene Ecke und einen Arbeitsplatz zu haben, dann wird dich niemand niedertrampeln.“
Jetzt, in der Wohnung, die sie von ihrer Großmutter geerbt hatte, verstand Olga die ganze Weisheit dieser Worte.
Sieben Jahre lang hatte sie versucht, die „gute Ehefrau“ nach den Maßstäben von Zinaida Ivanovna zu sein.
Sieben Jahre lang versuchte sie, zu gefallen, zu schweigen, jede Ironie zu ignorieren.
Die Türklingel riss Olga aus ihren Erinnerungen.
Im Türrahmen stand Zinaida Ivanovna – aufrecht, autoritär, mit zusammengepressten Lippen.
„Was ist mit dir los, Mädchen?“ – die Schwiegermutter trat schamlos in den Flur ein.
„Nicolae findet keine Ruhe, und du sitzt hier und entspannst dich.“
Olga sah schweigend zu, wie sie die Wohnung mit kritischem Blick musterte.
„Du solltest renovieren lassen, die Tapete ist völlig verblasst,“ bemerkte die Schwiegermutter.
„Wenn du zugestimmt hättest, bei der Renovierung meines Hauses auf dem Land zu helfen, hätte ich dir auch geholfen.“
„Aber du denkst nur an dich.“
Olga erinnerte sich an diesen Tag.
Zinaida Ivanovna kam mit einer „genialen Idee“ – das Apartment der Großmutter zu verkaufen und das Geld in die Renovierung des Ferienhauses zu investieren.
Sie sagte, im Sommer würden sie alle dort zusammen hinfahren, um die Enkel großzuziehen.
„Zinaida Ivanovna,“ versuchte Olga ruhig zu sprechen, „warum sind Sie gekommen?“
„Wie meinst du, warum?“
„Um dich zurück nach Hause zu bringen, natürlich!“ – die Schwiegermutter setzte sich auf die Küchenstuhlkante.
„Was werden die Leute sagen?“
„Mein Sohn leidet, und du versteckst dich hier in deinem Bau.“
„Aber Nicolae?“ – Olga konnte nicht widerstehen, zu fragen.
„Warum ist er nicht selbst gekommen?“
Zinaida Ivanovna winkte ab:
„Er hat Arbeit, keine Zeit, deinen Launen hinterherzulaufen.“
„Komm schon, pack deine Sachen, genug mit dem Blödsinn.“
Olga spürte, wie sie eine Welle des Aufbegehrens erfasste.
Sieben Jahre solcher Einstellungen – und Nicolae hatte sie nie verteidigt.
Er schwieg immer, wich aus, nur um seine Mutter nicht zu verärgern.
„Nein,“ sagte Olga bestimmt. „Ich komme nicht zurück.“ – „Es reicht.“
Zinaida Ivanowna verzog das Gesicht:
— Wie bitte, „ich komme nicht zurück“? Und die Familie? Und Nicolae? Hast du an ihn gedacht?
— Hat er denn an mich gedacht? — Olga hob zum ersten Mal die Stimme.
— Wenn du unangemeldet hereingekommen bist und jeden Schritt kritisiert hast?
Wenn du verlangt hast, die Wohnung zu verkaufen?
Wenn du meine Sachen rausgeschmissen hast, weil sie dir nicht gefallen haben?
— Ich wollte doch nur helfen! — Zinaida Ivanowna presste die Lippen zusammen.
— Du warst so unerfahren, ich hätte dich lehren müssen, wie man einen Haushalt führt, wie man eine gute Ehefrau ist.
— Mich lehren? — Olga lächelte bitter.
— Du hast mich nicht gelehrt, du hast versucht, mich zu brechen, mich nach deinem Gutdünken zu formen.
Aber das lasse ich nicht mehr zu.
In dem Moment vibrierte Olgas Handy in der Tasche.
Auf dem Bildschirm erschien Nicolaes Name.
Olga warf einen Blick zu Zinaida Ivanowna, die sie mit einem triumphierenden Lächeln ansah.
— Geh ran, — sagte die Schwiegermutter fast befehlend.
— Nicolae wird es verstehen, er wird dir verzeihen.
Du wirst nach Hause zurückkehren und alles wird wie vorher sein.
Das Handy vibrierte weiter.
Olga starrte auf den Bildschirm und dachte daran, wie sehr sich ihr Leben in den letzten Wochen verändert hatte.
Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich ruhig in ihrem eigenen Zuhause, tat das, was ihr gefiel, ohne ständige Vorwürfe.
War sie wirklich bereit, in diesen goldenen Käfig zurückzukehren?
— Du gehst nicht ran? — Zinaida Ivanowna verengte die Augen.
— Das heißt, du hast dich entschieden.
Olga steckte das Handy wortlos in die Tasche.
In den letzten Tagen hatte Nicolae mehrfach angerufen und Nachrichten geschickt, um ein Treffen zu bitten.
Aber jedes Mal, wenn Olga diese Nachrichten las, spürte sie eine Falschheit.
Als hätte nicht er sie geschrieben, sondern jemand, der ihm jedes Wort diktiert.
— Weißt du was, Zinaida Ivanowna, — sagte Olga ruhig, — ich habe tatsächlich eine Entscheidung getroffen.
Und es geht nicht darum, dass ich Nicolae nicht liebe.
Nur, dass ich nicht mehr kann und nicht mehr will, in einer Atmosphäre von Kontrolle und ständiger Demütigung zu leben.
Zinaida Ivanownas Gesicht verzog sich vor Wut:
— Welche Demütigung?
Ich habe dich behandelt wie meine eigene Tochter!
Ich habe dich gelehrt, dich geführt, dir Ratschläge gegeben…
— Genau das ist das Problem, — unterbrach Olga sie.
— Ich bin kein Kind mehr.
Ich habe eigene Prinzipien, Gewohnheiten und Wünsche.
Zinaida Ivanowna stand auf und beugte sich drohend zu Olga:
— Du bist undankbar!
Was ich alles für dich getan habe, und du…
— Und ich was? — Olga stand auf und schaute ihrer ehemaligen Schwiegermutter direkt in die Augen.
— Sieben Jahre habe ich deine Kritik ertragen.
Sieben Jahre habe ich versucht, die ideale Frau in deinen Augen zu sein.
Sieben Jahre habe ich darauf gewartet, dass Nicolae ein richtiger Mann wird, nicht Mamas Junge.
Eine schwere Stille legte sich.
Zinaida Ivanowna wurde bleich und presste die Tasche fest in die Hände.
— Wie wagst du es? — ihre Stimme zitterte vor Wut.
— Ich verspreche dir, du wirst es bereuen!
Du wirst schon sehen!
— Und was wollt ihr mir tun? — fragte Olga ruhig.
— Komm sofort zu meinem Sohn zurück! — schrie Zinaida Ivanowna fast.
— Sonst wirst du es bereuen!
Du glaubst wohl, ich wüsste nichts von deinem Job?
Von der Beförderung, auf die du wartest?
Ein einziger Anruf…
Olga fröstelte.
Woher wusste Zinaida Ivanowna von dieser möglichen Beförderung?
Sie hatte es niemandem erzählt.
Nicht einmal Nicolae.
— Drohst du mir? — fragte Olga leise.
— Ich erkläre dir nur, was mit denen passiert, die Familien zerstören, — sagte Zinaida Ivanowna fast sanft.
— Überleg dir gut, Mädchen.
Ist dein Stolz eine zerstörte Karriere wert?
Olga trat langsam ans Fenster.
Draußen begann es zu regnen, Tropfen prasselten gegen das Glas.
An so einem regnerischen Tag, genau wie heute, hatte Olga Nicolae kennengelernt.
Wer hätte gedacht, dass ihre Geschichte so enden würde?
— Weißt du was, Zinaida Ivanowna, — Olga wandte sich ihrer ehemaligen Schwiegermutter zu, — droh so viel du willst.
Du kannst deinen Plan sogar in die Tat umsetzen.
Aber ich komme nicht zurück.
Nicolae wusste, wen er heiratet — eine starke und unabhängige Frau.
Sie haben versucht, mich in eine gehorsame Puppe zu verwandeln.
Aber ich lasse nicht zu, dass mich jemand manipuliert.
— Ach ja? — Zinaida Ivanowna nahm ihre Tasche.
— Dann sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.
Die ehemalige Schwiegermutter stürmte aus der Wohnung und schlug die Tür zu.
Olga stand am Fenster, ein seltsames Gemisch aus Angst und Erleichterung im Herzen.
Was sagte Oma?
„Das Wichtigste ist, eine eigene Ecke und einen Arbeitsplatz zu haben.“
Na ja, eine Ecke hatte sie.
Und was den Arbeitsplatz betrifft… es wird sich zeigen.
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